Piwi-pilzwiderstandsfähige Rebsorten

Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte der europäische Weinbau eine regelrechte Katastrophe, als Rebsorten, welche von Auswanderern einst in die USA mitgenommen wurden, von Botanikern und Missionaren zurück nach Europa gebracht wurden. Im Gepäck hatten Sie Rebläuse und Krankheiten, welche es zuvor in Europa nicht gab. Innerhalb kürzester Zeit vernichteten Parasiten, wie der Echte und der falsche Mehltau einen grossen Teil der Weinbergflächen und brachten ganze Landstriche um ihre Einkommensquellen.

Fieberhaft wurde nach Lösungen geforscht und seither können die europäischen Reben - besonders Sorten wie Merlot, Pinot Noir, Cabernet Sauvignon und Chardonnay – nur mit Hilfe von Pestiziden angebaut werden. Gegen die Pilzkrankheiten des Echten und falschen Mehltaus halfen lange Zeit nur Schwefel und eine Mischung aus Kupfersulfat, Kalk und Wasser. Auch im biologisch-organischen Weinbau werden bis heute Schwefel und Kupfer eingesetzt, da leider noch keine ökologisch akzeptable Alternative zum Schwermetall Kupfer gefunden wurde.

Pilzwiderstandsfähige Reben, sogenannte PIWIs, sind Kreuzungen der resistenten amerikanischen Reben mit europäischen. Man versuchte schon ab 1950 die Widerstandsfähigkeit der amerikanischen Reben mit den positiven Eigenschaften der europäischen zu vereinen. Denn obwohl die «Amerikanersorten» widerstandsfähig gegen Krankheiten waren, eigneten sie sich wenig für Qualitätsweine, nicht zuletzt wegen ihrer eigentümlichen Aromatik und dem sogenannten «Foxton», einem Nebenaroma, welches an die Ausdünstungen eines Fuchses erinnert. Bei diesen frühen «Hybridreben» verstand man es noch nicht, diesen Qualitätsmangel «herauszukreuzen». Auch erschwert wurde der Durchbruch durch die Gesetzgebung: Die meisten traditionellen Weinbauländer und Regionen liessen die neuen Rebsorten für die Weinproduktion nicht zu.

Seither ist einiges passiert: Die vielen Jahre der Forschung und Entwicklung beginnen sich auszuzahlen. Mittlerweile werden die neuen Rebsorten in der ganzen Schweiz angepflanzt und es gibt immer mehr qualitativ hochwertige Piwi Weine. Dies verdanken die neuen Rebsorten zum einen den Erfahrungen der innovativen Züchter und Winzer, welche mutig in diese neuen Sorten investiert haben, und zum andern auch der Qualität der gepflanzten Reben, welche immer älter werden. Mittlerweile gibt es sogar Piwi-Rebstöcke, welche bis zu 30 Jahre alt sind, was merkbar zur Qualität der Weine beiträgt.


Immer mehr Winzer im In- und Ausland setzen auf die neuen ökologischen Sorten. Nicht zuletzt auch, weil nachhaltiger Weinbau bei den Konsumenten immer gefragter wird und die Ökobilanz der Piwi-Reben unschlagbar ist: Ihre Vorteile sind ein weitgehender Verzicht auf Pestizide, weniger gesundheitliche Belastung der Winzer, weniger Belastung der Böden und der ganzen Umwelt, sowie rückstandsfreie Weine.